Apartment RH

Design: steininger.designers, Fotos: Catherine Roider, Text: Barbara Jahn-Rösel

Der Trick mit dem Knick

Winkel können herausfordernd sein. Aber auch sehr charmant, wie der Umbau eines Wiener Penthouses von STEININGER unter Beweis stellt.

 

Die von einem Kunstliebhaber erworbene Dachgeschosswohnung wirkte auf den ursprünglichen Plänen beengt und extrem verwinkelt. Drei Schlafzimmer waren definitiv zu viel, gleichzeitig wurde der Wunsch nach Offenheit laut. Das Team von STEININGER erkannte das eigentliche Potenzial der knapp 160 Quadratmeter großen Wohnung, die er trotz vieler Herausforderungen in Form von Schrägen, Kanten und Ecken zu einer exklusiven Bleibe mit Loftcharakter gestaltete.

Lage : Wien
Wohnfläche : 160m²
Realisierung : 2022
Weit gedacht

Da erst der Rohbau in Entstehung war, konnten noch entsprechende Änderungen vorgenommen werden. So wurden einige nur auf dem Plan existierende Wände umgestellt oder ganz entfernt, bevor mit dem Interiordesign begonnen wurde. Schon der Eingangsbereich erfuhr eine fundamentale, raffinierte Korrektur: Mit einem Knick von etwa 30 Grad wurde aus dem sechs Meter langen, schmalen Korridor ein sich leicht öffnender Bereich, der schon im Vorfeld einem Tunnelblick entgegenwirkte. Um den Raum noch mehr Weite zu geben, wurde die linke Seite komplett mit Parsol-Glas verspiegelt, während die lange Wand rechter Hand als Galerie für Kunstwerke zur Verfügung steht. Begleitet wird all das von einem Lichtschienensystem, dessen Spots exakt auf die Kunstwerke ausgerichtet sind. In der Spiegelwand, die bis zu jener Mauerkante an der Schwelle zum Wohnzimmer reicht, ist – kaum sichtbar – eine Tür ins Arbeitszimmer eingebaut. Dieses kann – ausgestattet mit einem ausziehbaren Sofa – auch als Gästezimmer benutzt werden. Im Gegensatz zum dunklen Eingangsbereich ist dieser Raum eher hell ausgestattet: Mit viel Licht kann hier gut gearbeitet werden. Sämtliche Oberflächen wurden in mattem Weiß ausgewählt - zur linken Seite der maßgefertigte Schreibtisch, zur rechten Seite Schrankmöbel für Stauraum und die Integration der Klimaanlage. Auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers befindet sich das Gästebad mit hellgrauen Fliesen und Waschbecken, das mit einer Dusche hinter schwarzem Parsol-Glas und schwarz matten Armaturen sowie Accessoires akzentuiert und aufgewertet wurde. Auch diese Tür zum Bad verschwindet in einer harmonischen Fläche aus dunklem Tobak-Holz, das vom Eingang bis an die Mauerkante zum Koch- und Essbereich die Wand verkleidet.

Alles im Fluss

Die beiden Wandkanten öffnen ein neues Kapitel in der Raumarchitektur. Denn am Ende des Korridors öffnet sich der Raum weit nach beiden Seiten und lässt Wohnen, Kochen und Essen miteinander verschmelzen. Zentraler Mittelpunkt der Wohnzone ist ein Kamin aus dem Granit Wisconsin White, der von drei Seiten den Tanz der Flammen genießen lässt. Der Naturstein sollte auf Wunsch des Auftraggebers pflegeleicht sein, eine angenehme Haptik haben und einen starken Akzent gegenüber dem hellen Eichenboden und dem dunklen Tobak-Holz setzen. Das große modulare Sofa aus hellgrauem Nabuk-Leder dahinter wird flankiert von jeweils einem Lowboard aus Tobak-Holz, die an die Dachschräge bis zum Boden angepasst sind und ihrer Funktion als TV-Board beziehungsweise unter einer weiteren Bildergalerie gegenüber eine leichte Asymmetrie erzeugen. Auf der anderen Seite des auslaufenden, sich weitenden Korridors entfaltet sich die Küche als Insellösung, ebenfalls mit Granit Wisconsin White verkleidet, die ein optisches Gleichgewicht zum Kamin schafft. Die gesamten Küchengeräte sowie auch der Weinschrank, eine separate Arbeitsfläche und der Zugang zu einer Speisekammer verbergen sich hinter den raumhohen Tobak-Fronten, die vom Vorzimmer hier um die Ecke gezogen werden und die Küche auf Wunsch komplett verschwinden lassen können. „Wichtig war es, diese Raumbeziehungen durch die Materialitäten wie den Naturstein, das Holz, aber auch das Glas zu unterstreichen“, sagt Martin Steininger. Gegenüber der Kücheninsel befindet sich der Essplatz, ausgestattet mit dem Tisch PLUSTABLE von STEININGER in Mattweiß lackiert. Die Stühle aus Nabuk-Leder wie auch der Teppich nehmen das helle Grau des Sofas und der Fliesen im Bad wieder auf. Die Kontinuität der Materialien findet bis ins letzte Detail ihre Fortsetzung.

 

„Obwohl es ein Raum ist, ist es durch die Struktur gelungen, Wohn- und Essbereich voneinander optisch abzugrenzen, und zwei eigenständige Zonen geschaffen. Trotzdem sollte unbedingt eine Beziehung dazwischen entstehen.“ Martin Steininger

 

Ganz auf die Geometrie des Wohnbereichs ausgerichtet ist das Schlafzimmer, wodurch die Ausrichtung des Bettes nicht der eigentlichen Architektur folgt, sondern leicht schräg steht. Das Betthaupt wurde gekürzt, und der dahinter entstehende dreieckige Raum wird für eine attraktive Stehleuchte genützt. Da auch hier der Wunsch nach möglichst viel Offenheit war und eine Sauna integriert werden sollte, entstand die Idee, das Bad weitestgehend offen oder transparent zu gestalten. Während die Badewanne frei im Raum steht, gelangt man über die Dusche in die mit Glasermeister und Saunabauer eigens angefertigte Sauna, die gemeinsam in einem Kubus aus schwarzem Parsol-Glas untergebracht sind. So gewinnt man Intimität, und der Raumfluss bleibt dennoch bestehen. Hinter dem Glaskubus befindet sich eine großzügige Ankleide, die den privatesten Raum der Wohnung komplettiert.